Das Oberlandesgericht Bremen hatte im Herbst 2021 mit einer Entscheidung zur Aufklärung für Aufsehen gesorgt:
Die Einwilligung eines Patienten in einen ärztlichen Heileingriff sei unwirksam, wenn der Behandler den Patienten unmittelbar nach der Aufklärung veranlasse, die Unterschrift unter das Einwilligungsformular zu setzen. Stelle sich der Patient Tage später zur Operation wieder vor, sei darin auch keine konkludente Einwilligung zu sehen.
Das Urteil war in Literatur und Praxis deutlich kritisiert worden. Nun hat der Bundesgerichtshof das Urteil aufgehoben:
§ 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB nimmt die bisherige Rechtsprechung auf, der zufolge der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufgeklärt werden muss, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahrnehmen kann. Die Bestimmung sieht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs - anders als die Vorinstanz (OLG Bremen) - keine vor der Einwilligung einzuhaltende "Sperrfrist" vor, deren Nichteinhaltung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führt; sie enthält kein Erfordernis, wonach zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen muss.
Zu welchem konkreten Zeitpunkt ein Patient nach ordnungsgemäßer - insbesondere rechtzeitiger - Aufklärung seine Entscheidung über die Erteilung oder Versagung seiner Einwilligung trifft, ist seine Sache. Sieht er sich bereits nach dem Aufklärungsgespräch zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage, ist es sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen. Wünscht er dagegen noch eine Bedenkzeit, so kann von ihm grundsätzlich erwartet werden, dass er dies gegenüber dem Arzt zum Ausdruck bringt und von der Erteilung einer - etwa im Anschluss an das Gespräch erbetenen - Einwilligung zunächst absieht.
Eine andere Beurteilung ist - sofern medizinisch vertretbar - allerdings dann geboten, wenn für den Arzt erkennbare konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Patient noch Zeit für seine Entscheidung benötigt. Dann kann die Einwilligung eines Patienten in einen ärztlichen Heileingriff nach wie vor unwirksam sein, wenn der Behandler den Patienten unmittelbar nach der Aufklärung veranlasst, die Unterschrift unter das Einwilligungsformular zu setzen.
Die Einwilligung in den ärztlichen Eingriff ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen. Sie kann sich konkludent aus den Umständen und dem gesamten Verhalten des Patienten ergeben.