Stellt ein Patient dem Arzt Fragen, die für seine Einwilligung in einen operativen Eingriff von Bedeutung sind, hat der Arzt diese wahrheitsgemäß zu beantworten. Dies betrifft insbesondere die Fragen nach Routine und Erfahrung des behandelnden Orthopäden im Hinblick auf die geplante Operation (hier Implantation einer zementfreien Hüftgelenksendoprothese). Erklärt der Operateur, derartige Operationen gehörten zum Tagesgeschäft, wird dem Patienten ein falscher Eindruck vermittelt. Seine Einwilligung kann dann unwirksam sein, wenn operative Hüftbehandlungen in der betroffenen Klinik nicht häufig vorgenommen werden.
Die standardgerechte Versorgung des Patienten mit einer Hüftgelenksendoprothese verlangt, dass durch das Ineinandergreifen der verschiedenen Komponenten Funktion und Stabilität der Prothese und möglichst eine übereinstimmende Beinlänge zur Sicherstellung von Alltagskompetenz in Form von Beweglichkeit mit gewissen Gehstrecken gesichert werden. Stellt der Operateur bei der intraoperativen Stabilitätskontrolle eine so nicht zu tolerierende Luxationstendenz des künstlichen Gelenks fest und entscheidet er sich dennoch ohne nachvollziehbaren Grund zur festen Implantation der von ihm gewählten Prothesenkomponenten, handelt es sich um einen groben Behandlungsfehler.
Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 05.12.2019 – 1 U 31/17