Die Eltern eines behinderten Kindes können einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn die Mutter von den behandelnden Ärzten nicht auf das Risiko einer schweren Behinderung des ungeborenen Kindes hingewiesen wurde und erwiesen ist, dass sie die Schwangerschaft in einem solchen Fall abgebrochen hätte und dies gemäß § 218a StGB gerechtfertigt gewesen wäre.
Nach der Entbindung eines schwer behinderten Kindes hat das OLG Karlsruhe das Krankenhaus und die behandelnden Ärzte zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 20.000 € an die Mutter und Schadenersatz wegen der gegenüber einem gesunden Kind entstehenden vermehrten Unterhaltsleistungen und des vermehrten Pflegeaufwandes der Eltern verurteilt.
Nach Auffassung des Gerichts hätten die Ärzte die Mutter auf das Risiko einer schweren Behinderung ihres Kindes hinweisen müssen. Die Eltern wurden jedoch im Arztgespräch lediglich über mögliche Verzögerungen in der Entwicklung, aber nicht über das Risiko schwerer Schädigungen aufgeklärt.
Das OLG kam nach Anhörung der Mutter zu dem Ergebnis, dass sie bei Kenntnis dieses Risikos die Schwangerschaft abgebrochen hätte und – nach sachverständiger Beratung durch einen Psychiater – dass der Schwangerschaftsabbruch in dem Ausnahmefall aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt bereits absehbaren, außergewöhnlich schweren gesundheitlichen Folgen für die Mutter gemäß § 218a Abs. 2 StGB gerechtfertigt gewesen wäre.
Das Kind kann nicht laufen, krabbeln, sprechen oder greifen. Es leidet unter einer Fehlbildung der Augen, einem schwer gestörten Schluckreflex und einer starken, therapieresistenten Epilepsie.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.02.2020 – 7 U 139/16