Zu den elementaren Aufgaben einer Hebamme gehört es, Regelwidrigkeiten bei der Geburt zu erkennen und bei pathologischen Auffälligkeiten einen Arzt bzw. eine Ärztin hinzuzuziehen. Erfährt eine Hebamme, dass es bei einer Schwangeren zu Blutungen gekommen ist, stellt es einen groben Befunderhebungsfehler dar, wenn sie zu spät die Vorlage kontrolliert.
Im entschiedenen Fall berichtete eine Schwangere bei ihrer Klinik-Ankunft der Hebamme, sie habe zuhause Blutungen erlitten. Die Hebamme war somit verpflichtet, unmittelbar nach dem Anlegen des zeitlich vorrangigen CTG die Einlagen der Mutter auf Blutungen und deren Ausmaß zu kontrollieren. Bei der Feststellung einer weitergehenden Blutung muss die Hebamme ohne jeden zeitlichen Verzug einen Facharzt bzw. eine Fachärztin benachrichtigen. Tut sie dies nicht unmittelbar, sondern lässt sie weitere zehn Minuten verstreichen, liegt ggf. ein grober Behandlungsfehler vor. Einem wegen Sauerstoffunterversorgung während der Geburt behinderten Kind stehe dann ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 € sowie Schadensersatz zu.
Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 05.11.2021 – 5 U 119/13