Das Schmerzensgeld hat in erster Linie eine Ausgleichsfunktion. Für die Höhe kommt es auf die Schwere der zugefügten gesundheitlichen Beeinträchtigungen an.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in Arzthaftungssachen kann aber auch der Gesichtspunkt der Genugtuung nicht grundsätzlich außer Betracht bleiben. Auch wenn bei der ärztlichen Behandlung das Bestreben der Behandlungsseite im Vordergrund steht, PatientInnen zu helfen und Beschwerden zu beseitigen, stellt es unter dem Blickpunkt der Billigkeit einen wesentlichen Unterschied dar, ob der Ärztin oder dem Arzt grobes Verschulden zur Last fällt oder ob sie oder ihn nur ein geringer Schuldvorwurf trifft. Ein der Ärztin/dem Arzt aufgrund grober Fahrlässigkeit unterlaufener Behandlungsfehler kann dem Schadensfall sein besonderes Gepräge geben.
Der BGH hat allerdings entschieden, dass grobe Fahrlässigkeit nicht bereits dann zu bejahen sein soll, wenn der Ärztin/dem Arzt ein grober Behandlungsfehler nachgewiesen werden kann. Ein solcher Fehler sei weder mit grober Fahrlässigkeit gleichzusetzen noch komme ihm insoweit eine Indizwirkung zu.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.02.2022 – VI ZR 409/19