Nebenbefund nicht beschrieben – Gericht erkennt Behandlungsfehler

Eine Radiologin bzw. ein Radiologe, der bzw. dem eine Person mit der Befundbeschreibung „Kopfschmerzen“ zum MRT überwiesen wird, darf auch von einem sichtbaren Nebenbefund außerhalb des Gehirnschädels nicht die Augen verschließen. Ist sie/er aus medizinischer Sicht nicht selbst verpflichtet, diesen Zufallsbefund abzuklären, hat sie/er den Befund in den Arztbrief an die überweisende Behandlerin oder den überweisenden Behandler aufzunehmen. Unterbleibt diese Mitteilung, weil die Radiologin bzw. der Radiologe einen erkennbaren Nebenbefund übersieht, stellt dies einen Diagnosefehler dar.

Radiologinnen und Radiologen, denen eine Patientin bzw. ein Patient mit einer bestimmten Fragestellung zur weiteren Untersuchung überwiesen wird, können sich aufgrund der gegenüber den Patientinnen und Patienten obliegenden Fürsorgepflichten nicht auf den Auftragsumfang beschränken, sondern haben für die Auswertung eines Befundes alle Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für gebotene Maßnahmen zu nehmen, die sie aus berufsfachlicher Sicht unter Berücksichtigung der in dem betreffenden Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen müssen.

Zufallsbefunde dürfen gegenüber der oder dem Überweisenden nicht unerwähnt bleiben.

Oberlandesgericht Dresden, 10.10.2023 – 4 U 634/23